Was ist Biikebrennen?
Jedes Jahr am 21. Februar werden bei uns in Nordfriesland vielerorts gewaltige Holzstöße angezündet, die Biikefeuer. Jung und Alt versammelt sich im Schein der Flammen. Man trinkt Glühwein, unterhält sich, feiert und häufig geht man im Anschluss daran gemeinsam Grünkohl essen. Auch auf Hallig Hooge veranstalten wir jedes Jahr das Biikebrennen, zum Grünkohlessen treffen wir uns nach dem Feuer in gemütlicher Runde im Lokal. Jedermann ist herzlich eingeladen, an diesem alten nordfriesischen Brauch teilzunehmen.
Heute ist das Biikebrennen ein fröhliches Zusammensein, mit dem das Ende der kalten Jahreszeit eingeläutet wird: Die Biikefeuer sollen symbolisch den Winter vertreiben.
In alten Zeiten aber feierten die Germanen das Biikebrennen als Opferfest für ihren obersten Gott, den Göttervater Odin. Die Menschen tanzten mit brennenden Strohbündeln auf dem heiligen Hügel ihres Dorfes und baten Odin, ihre Opfer anzunehmen.
Im Zuge der Christianisierung entwickelte sich daraus ein Fest zu Ehren Petrus, des Patrons der Schiffer und Fischer. Begangen wurde es am Vorabend des 22. Februars, des Tags „Petri Stuhlfeier“, an dem man der Übertragung des Hirtenamtes an Petrus gedachte.
Das altfriesische Wort „Biike“ oder „Biake“, das in „Biikebrennen“ steckt, bedeutet „Leuchtfeuer“ und weist auf den Zusammenhang zwischen dem Fest und der Seefahrt hin: „Während des Mittelalters befuhren die nordfriesischen Seeleute als Fischer die Nordsee, die man nach ihnen auch das friesische Meer nannte. Aber als die großen Heringsschwärme bei Holland immer seltener wurden und um 1600 ganz ausblieben, verarmten sie und litten oft bittere Not.“ Doch Entwicklungen in der Seefahrt eröffneten ihnen neue Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Portugiesen und Spanier unternahmen im 15. und 16. Jahrhundert zahlreiche Entdeckungs- und Eroberungsfahrten Richtung Amerika, Afrika und Asien. Davon angespornt „versuchten die Engländer und Holländer durch das nördliche Eismeer einen Seeweg nach Ostindien zu finden. Diese Versuche mißlangen. Statt der gesuchten Durchfahrt fanden sie nur Eis und immer wieder Eis und in der undurchdringlichen Eiswüste bei Spitzbergen Grönland und in der Davidstraße eine Unmenge von Walen, Walrossen und Robben. Wegen des wertvollen Tranes begannen sie, diesen Tieren nachzustellen.“ Besonders die Hanseaten und die Niederländer entdeckten nun diese Einkommensmöglichkeit für sich. „Aber sie hatten nicht genug Mannschaften für so viele Schiffe. Darum warben sie auf den nordfriesischen Inseln und Halligen eine Menge Seeleute, die nun Jahr für Jahr von Hamburg, Bremen, Altona, Glückstadt, Flensburg und Amsterdam Schiffe ins Nordmeer führten. In der Zeit des Walfangs, die um 1600 begann und um 1850 ihr Ende fand, war die Seefahrt der einzige tüchtige Beruf der Inselbewohner. Zehnjährige Knaben und siebzigjährige Greise gingen nicht selten mit nach Grönland. Nur so war es möglich, dass die Inseln und Halligen in der Blütezeit jährlich 4000 Seeleute stellten. Allein die Insel Föhr entsandte bei einer Bevölkerung von 6000 Seelen 1500 bis 1600 Mann ins Eismeer, darunter 150 Kommandeure, wie man die Kapitäne dieser Schiffe nannte … Mit den Fahrten ins Nordmeer war ein ganz regelmäßiger Verlauf des Jahres gegeben. Ende Februar oder Anfang März fuhren die Seeleute in kleinen Schiffen, die etwa 100 Mann aufnehmen konnten, von ihren Inseln und Halligen in die großen Hafenstädte. Die Abfahrt fiel ungefähr mit den Biiken zusammen … Unter dem Eindruck, den die Abfahrt der Bevölkerung auf diese selbst und auf die Zurückgebliebenen machte, bekam der alte Brauch als Abschiedsfeier einen neuen tiefen Sinn und wurde zum Ausdruck engster Zusammengehörigkeit.
Waren die Seeleute gar – um einen günstigen Wind auszunutzen – am selben Tag abgefahren, dann trug der Feuerschein ihnen über Land und Meer die Grüße und Wünsche der ihrigen zu. Das Herüberleuchten von einer Insel zur anderen war den Föhrern, Syltern, Amrumern und Halligbewohnern das sichtbare Zeichen schicksalhafter Verbundenheit aller seefahrender Uthlandefriesen. Im Jahre 1777 verließen an einem einzigen Tag 1000 Föhrer Seeleute in dreizehn Schmakschiffen ihre Insel. Welchen Eindruck muß ein solcher Abschied auf die Bewohner gemacht haben, gab es doch kein Haus, das nicht wenigstens ein Familienmitglied hinausgehen ließ! Die Angehörigen gaben ihnen bis zu den Schiffen das Geleit.“
(Quellen: handschriftliche Aufzeichnungen des Hooger Seefahrers Jürgen Diedrichsen sowie Günter Schirrmacher: „Hallig Hooge“, Breklumer Verlag 1973)